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Belegarbeit Geografie
Klassenstufe 12 03/04
Romain-Rolland-Gymnasium
Thema: Stadtentwicklung
von Bartomax
Dresden, 18.12.2003

Inhaltsverzeichnis:

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-- Fotos
-- Funktionskartierung von 1910
-- Funktionskartierung von 2003

Einleitung

Die vorliegende Belegarbeit beschäftigt sich mit dem Thema Stadtentwicklung. In diesem Rahmen wird mittels wissenschaftlich geografischer Arbeitsmethoden der historisch-genetische Aspekt der Stadtentwicklung untersucht. Ich habe mir als Belegobjekt den Stadtteil Johannstadt der sächsischen Landeshauptstadt Dresden gewählt. Speziell werde ich auf den Straßburger Platz und auf den angrenzenden Großen Garten und den ihn umgebenden Straßenzügen eingehen. Aufgrund der mir gegeben Aufgabenstellung gehe ich auch auf die Funktionsvielfalt und den Funktionswandel in ihrer Wirkung auf die Wohn- und Lebensqualität ein. Folgende wissenschaftliche geografische Arbeitsmethoden habe ich zur Informationsgewinnung verwendet: Informationsbeschaffung im Stadtplanungsamt Dresden, Fotografische Begleitung und Funktionskartierung (siehe Anhang).

Die Zeit vor der heutigen Johannstadt - 1310 bis 1877

Noch vor der Gründung der Stadt Dresden im Jahr 1206 lag auf dem Gebiet der heutigen Johannstadt das Dorf Ranvoltitz. Im Jahr 1310 wurde es erstmals offiziell in einer Urkunde erwähnt und seine Spuren verlieren sich im 17. Jahrhundert. Seine Bewohner waren Elbfischer, Ackerbauern oder lebten von dem Abbau des Aulehms, der sich durch die Verlagerung des Elbbettes abgelagerte. Der Lehm wurde nahe der Stadt Dresden zu Ziegeln gebrannt und verbaut.
Um das Dorf lag eine sandige, stellenweise sogar mit Dünen besetzte ebene Flächen mit den darin flach eingesenkten alten Elbläufen mit den erwähnten schweren Aulehmböden. Dieser sandige Streifen (Tännich) trug vorwiegend Kiefernwald, der später in ein Birkenwäldchen überging. In den Wildbeständen durfte nur die königliche Familie Jagen. Nahe dem heutigen Straßburger Platz lag 1498 der Kranichsee.
1640 wurde das Vorwerk Tatzberg gegründet, welches das Schankrecht besaß und seit 1742 Lämmchen (Bild 2) hieß. 1737 wurde ein Stück dieses Vorwerks von dem Stück- und Glockengießer Johann Gottfried Weinhold gekauft und hieß seitdem Stückgießers. Die damit verbundene Gaststätte an der Blumenstraße nahe der heutigen Kaufhalle trug seit 1866 den Namen Die Güldene Aue und seit 1901 Blumensäle, in denen sich die sozialdemokratischen Arbeiter zur Maifeier und zu politischen Versammlungen trafen. Nach 1813 wurde das Vorwerk Lämmchen von der Familie Lidecke bewirtschaftet, die einen gern besuchten Wintergarten pflegte. Die heutigen Straßennamen haben die Erinnerung an diese Zeit festgehalten: Blumenstraße, Wintergartenstraße, Hopfgartenstraße. Weiterhin besaßen auch die Kreuzkirche (Brückenamt) und das Neustädter Augustinerkloster Liegenschaften, besonders Weinberge am Tatzberg und Waldstücke im Tännicht, das um 1760 noch bis an die Fetscherstraße reichte. Um 1800 lag beim Tatzberg am Rande der Niederterrasse eine Sandgrube die mit einem 4 Meter hohen Abfall gegen die Elbwiesen sich abgesetzte. Als in Dresden 1813/14 infolge von Entbehrungen und Seuchen die Sterblichkeit so zunahm, dass die Todesfälle (ohne die militärischen Verluste der Befreiungskriege 1813) fast das Dreifache der Geburten betrugen, legte die Stadt Dresden weit außerhalb einen neuen Friedhof an, der zunächst der Weite Friedhof, seit 1834 Trinitatisfriedhof hieß. Neben diesen verstreut liegenden Besitztümern und dem Friedhof führten noch im 19 Jahrhundert nur wenige Wege durch das weite Gelände: der Lämmchenweg (heute Blumenstraße), der Blasewitzer Weg und die Striesener Straße.
Das Gebiet der heutigen Johannstadt hatte vor allem eine Erholungsfunktion für die Menschen aus der Stadt. Man unternahm Ausflüge in das Wald- und Wiesengebiet (Bild 1 + 2) und zu den Schankwirtschaften der verstreut liegenden Güter. Außerdem lieferte das Gebiet den wichtigen Rohstoff Lehm zum Ausbau der Stadt. Die Wohnqualität war trotz der unberührten Natur niedrig, da die Entfernung zu Stadt auf den schlecht ausgebauten Wegen beschwerlich war.

Im Jahr 1676 wurde durch den Kurfürsten Johann Georg II. der Große Garten am Rande der heutigen Johannstadt angelegt. Erst durch spätere Erweiterungen erreichte der Park seine heutigen Ausmaße. 1678 begann man mit der Errichtung des Lustschlosses und bis 1691 waren die Bauarbeiten am Palais im Großen Garten abgeschlossen. Entgegen seiner eigentlichen Bestimmung diente das Gebäude schon sehr bald musealen Zwecken. 1729 stellte August der Starke antike Skulpturen aus der Sammlung Chigi aus Rom dort auf, welche bis 1747 verblieben. König August richtete 1716 im Großen Garten auch eine Fasanerie ein und ließ hier manch höfisches Fest abhalten (zum Beispiel Hochzeiten, Nachtschießen, Fischerstechen). Zu bemerken ist, dass der Park der öffentlichkeit unzugänglich war und anfangs auch mit einem großen Zaun umgeben war. Den Nutzen der Anlage hatte daher nur die königliche Familie. Zur Unterhaltung der Obrigkeit war im Park ein Naturtheater, eine Ringrennbahn und ein Labyrinth angelegt. Nach den Verwüstungen im 7 jährigen Krieg und den Befreiungskriegen 1813 bestand kein Interesse mehr des Hofes an Garten und Palais und das Areal wurde der öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine Gartenbaugesellschaft erhielt 1828 einige Räume als Depot und der Festsaal wurde vom Erst-Rietschel-Museum genutzt. Bis 1889 zeigte man seine Arbeiten dort. Seit 1844 waren auch Sammlungen des Altertumsvereins im Haus untergebracht.
Auswirkungen auf die Wohn- und Lebensqualität hatte der Park bis dahin noch nicht sehr viel, da er außerhalb der Stadt lag und von wenigen Gebäuden umgeben war. Jedoch durch die Ausstellungen im Palais und dem 1861 eröffneten Zoo hatte der Park eine gewisse Bildungsfunktion.

Zunahme der Funktionsvielfalt - 1877 bis 1945

Im Jahr 1877 erhielt die Johannstadt auf Drängen der Bürger ihren Namen. Sie wurde, nach dem im Volk sehr beliebten König Johann (1801-1873) benannt. Bis 1874 bestand für große Teile zum Schutz des königlichen Großen Gartens Bauverbot und es erhielt sich ein offenes Land mit einigen wenigen Vorwerken oder ähnlichen Niederlassungen am Rande der mittlerweile im Bauboom gewachsenen Stadt Dresden. Als 1872 die erste Pferdeeisenbahn nach Blasewitz eröffnet wurde, standen nur am Anfang der Gerokstraße und in der Nähe des Königsheimplatzes einige Häuser, sonst fuhr man durch freies Feld. Nach Aufhebung des Bauverbotes 1874 und besonders nach der Anlage der Grunaer Straße schritt die Bebauung rasch vorwärts und die Bodenspekulationen trieb die Preise für Bauland bis zu 120 Mark pro Quadratmeter empor (vorher 8 Mark). In der Nähe des Großen Gartens entstanden Häuser in offener Bauweise, sonst aber gaben geschlossene Fronten vierstöckiger Mietskasernen den älteren Straßen der Johannstadt das Gepräge (Bild 3). Nach der Jahrhundertwende gewannen die Neubauten ein erfreulicheres Gesicht. Vielfach überwogen hierbei allerdings die großen hochherrschaftlichen Wohnungen. Die Johannstadt lag mit Striesen in der wichtigsten Wachstumsrichtung der Großstadt. Hier nahm die Bevölkerungszahl außerordentlich rasch zu, von 1870 bis 1890 auf das 27fache, bis 1910 auf das 32fache. Die Gärtnereien, die um 1870 aus der Pirnaischen Vorstadt hierher verlegt worden waren, wanderten 25 Jahre später weiter landwärts. Um 1900 war kein Bauland mehr zu haben. Die Johannstadt war mit Striesen völlig zusammengewachsen. Nur Straßenknicke in der dicht bebauten Gegend um die Huttenstraße lassen erkennen, dass hier zwei nicht aufeinander abgestimmte Bebauungspläne aneinander stoßen. Mit dem Bau der Albertbrücke 1875-77 bekam deren Vorfeld besondere Bedeutung. Hier entstanden einige öffentliche Gebäude: das Stadthaus Johannstadt, welches heute der Sparkasse gehört, und das Kunstgewerbemuseum mit der Kunstgewerbeschule. Heute beherbergt es das berühmte Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen und das Studiendepot des Münzkabinetts sowie Abteilungen der Hochschule für Bildende Künste. Anschließend folgen Einrichtungen für Gewerbeschule und Technische Lehranstalten, aus denen später die Ingenieurhochschule hervorging. Ergänzt wurde dieser Komplex öffentlicher Gebäude durch das Postamt mit der Bezirksdirektion der Deutschen Post und die Berufsschule. Johannstadt gehörte nach dem Ortsgesetz von 1878 nicht zu den Fabrikbezirken. Nur längs der Blasewitzer Straße zog sich ein Band industrieller Anlagen hin. Aber auch dort, wo die Vorstadt das Bild ausgesprochener Wohnstraßen bot, beherbergte sie in Hintergebäuden und Hinterhöfen zahlreiche Gewerbebetriebe, vielfach aus Handwerksbetrieben herausgewachsen, zum Teil aber erst später durch die Umgestaltung geeigneter Baulichkeiten entstanden. Vertreten waren vor allem das graphische Gewerbe, die Foto- und die Zigarettenindustrie. Als nach dem Feuersturm der Bombennacht von 1945 die Vordergebäude in Schutt und Asche gesunken waren, konnte man die zahlreichen Schornsteine und Fabrikgebäude in den Hinterhöfen sehen. Das Krankenhaus St.-Joseph-Stift wurde zwar 1894 gegründet, aber die städtischen Krankenanstalten konnten mit dem ständigen Wachstum der Bevölkerung nicht mehr Schritt halten und die Stadt musste sich zur Errichtung eines neuen Krankenhauses entschließen. Aus diesem Grund entstand in der Zeit von 1898 bis 1901 das Johannstädter Krankenhaus. Es wurde am 2. Dezember 1901 nach 3 jähriger Bauzeit als zweites großes Stadtkrankenhaus neben dem Friedrichstädter Krankenhaus eröffnet. Bis 1930 erweiterte man das Areal des Krankenhauses stetig und es diente von Anfang an als Lehrklinikum und selbst heute ist ein Teil Universitätsklinikum. Zudem errichtete man nördlich der Terscheckstraße die Staatliche Frauenklinik.
Somit erhielt die Johannstadt nach 1877 zahlreiche Funktionen dazu. Zum einen wurde eine Vielzahl neuer Wohnungen gebaut und Arbeitsplätze geschaffen, auch wenn der Stadtteil offiziell nicht als Industriestadtviertel zählte. Zum anderen wurden Schulen gebaut und somit die Bildungsfunktion geschaffen. Und durch die zahlreichen Krankenhäuser erhielt der Stadtteil einen Bedeutungsüberschuss im Vergleich zu anderen Teilen der Stadt. Die Lebens- und Wohnqualität nahm erheblich zu, denn das Gebiet war jetzt nicht mehr nur ein Ausflugsziel für Dresdner, sondern ein Wohn- und Arbeitsort für Dresdner mitten in der Stadt. Die mehr oder weniger komfortablen Wohnungen wertete man zudem mit zahlreichen Plätzen und Begegnungsmöglichkeiten auf. Die Grünanlagen waren schön angelegt und wurden von den Stadtgärtnern immer aufs Neue mit Aufmerksamkeit bedacht. Der gesellschaftliche Aspekt und die Unterhaltungsfunktion kamen in der Johannstadt nicht zu kurz.

Auch der angrenzende Große Garten steigerte die Funktionsvielfalt der Johannstadt. Der botanische Garten, der einst 1818 am Zeughausplatz angelegt wurde, eröffnete 1893, nach seiner Umsiedlung, seine Türen an der Stübelallee und steigerte die Bildungs- sowie Erholungsfunktion an diesem Ort. Auch im Bereich der Verkehrsfunktion gab es eine Zunahme. 1880 entstand mit dem Durchbruch der Grunaer Straße und der Verbreiterung der neuen Pirnaischen Landstraße zur Stübelallee der Stübelplatz (heute Straßburger Platz). Er liegt auf dem heutigen 26er Ring, welcher aus einer Idee von König August hervorging, der schon 1823 eine Straße um Dresden bauen ließ. Somit war der Stübelplatz ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Aber auch für die Bildungsfunktion war der Platz ein Zentrum. Ab 1880 entstanden an der Ecke Grunaer/Güntzstraße Schul- und Internatsgebäude des Ehrlichen Stifts. 1894/96 wurde der Ausstellungspalast gebaut, welcher ein monumentales Gebäude im Gründerzeitstil von Alfred Hausschild und Edmund Bräter war. Er bildete den Mittelpunkt des Dresdner Ausstellungswesens in der 1. Hälfte des 20 Jahrhunderts. 1914/15 entstand das städtisches Kunstausstellungsgebäude nach Hans Erlwein in klassizistischer Form in dem ab 1916 jährliche Ausstellung der Künstlervereinigung statt fanden. Auf dem Ausstellungsgelände am Stübelplatz wurde 1926 auch ein Planetarium erbaut, welches Anfangs auf großes Interesse stieß, jedoch später nur noch für Filmvorführungen, Musikabende und als Lagerraum diente. 1930 wurde es auf Ratsbeschluss geschlossen und 1945 durch die Luftangriffe zerstört, genauso wie der Ausstellungspalast und das Kunstausstellungsgebäude.
Zur Unterhaltung der Bewohner entstand 1923 die Ilgen-Kampfbahn aus der 1951 das Rudolf-Habig-Stadion hervor ging. Es ist heute die zweitgrößte Sportstätte Dresdens und bietet Platz für 35000 Zuschauer. Außerdem wurde 1926 das Georg-Arnold-Bad gebaut, welches das einzigste Freibad im Stadtzentrum ist.
Ein weiteres Gebäude, welches mit Sicherheit die Attraktivität Dresdens und des Stübelplatzes für Touristen steigerte war die Errichtung des Kugelhauses 1926 (Bild 5) auf dem Ausstellungsgelände. Es war das erste dieser Art in der Welt und ein Experimentalbau nach einem Entwurf von Peter Birkenholz (1876-1961), der maximale Raumausnutzung auf geringster Grundfläche dokumentieren sollte und im Rahmen der Ausstellung Die technische Stadt entstand. 1938/39 wurde das Gebäude von den Nazis als undeutsch bezeichnet, abgebaut und das Metallgerüst für Kriegszwecke eingeschmolzen.
Nicht zu vergessen ist das 1930 anlässlich der 2. Internationalen Hygieneausstellung erbaute Hygiene Museum. An dem Museum befindet sich auch ein Kräutergarten, in dem man einige wissenswerte Dinge über Heilpflanzen, Kräuter und Gewürze erfährt. Im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude zu 80% zerstört und nach 1947 in mehreren Etappen wieder aufgebaut. Besonderes Highlight des Museums ist heute der Gläserne Mensch. Hier kann jeder das Innenleben eines menschlichen Körpers betrachten. Wegen der außerordentlichen Beliebtheit dieses Modells wurden auch von einigen Tieren gläserne Körper angefertigt und im Hygiene-Museum ausgestellt. Neben den ständigen Ausstellungen zu den Themen Anatomie des Menschen, Sexualität, AIDS oder gesunde Ernährung findet man zahlreiche wechselnde Ausstellungen, die ebenfalls sehr interessante Themen haben (z. B. Genforschung).
Für das gesellschaftliche Zusammenleben spielte auch die Vogelwiese damals wie haute eine wichtige Rolle (Bild 4). Seit 1841 fand das Volksfest Vogelschießen auf der Wiese zwischen Johannstadt und Elbe statt und wurde durch weitere Feste im Jahr ergänzt.

2. Weltkrieg und Nachkriegszeit - 1945 bis 1990

Während des 2. Weltkriegs wurde die Johannstadt 1945 bis auf wenige kleine Teilgebiete, wie am Bönischplatz, am Thomas-Müntzer-Platz und um den Johannes-R.-Becher-Platz völlig zerstört. Auch die Schulen der Johannstadt sind bis auf die 1934 bezogene Berufsschule an der Gerokstraße sämtlich vernichtet worden: 4 höhere Schulen und 4 Volksschulen. Eine Reihe öffentlicher Gebäude, vor allem an der Gerokstraße, konnte wiederaufgebaut werden. Die gesamte Johannstadt beherbergte damals in überfüllten und zum Teil notdürftig bewohnbar gemachten Wohnungen nur 4.000 Menschen (vor der Zerstörung 57.000). Die Johannstadt wurde für mancherlei Wiederaufbaustadien Modellgebiet, zuerst für die planmäßige Enttrümmerung, später für die Entwicklung großer neuer Wohngebiete. Das typische Bild jener ersten Jahre sah wie folgt aus: Am Johannstädter Elbufer entlang wurden große Mengen von Trümmerschutt abgelagert und am Dürerplatz wurde eine Trümmerverwertungsanlage geschaffen. Die Straßen säumten große Mengen abgeputzter und gestapelter Ziegel. An der Gerokstraße wurden riesige Halden von Ziegelbrocken aufgeschüttet als Vorratslager für ein Betonwerk, das Bauteile für den Wiederaufbau fertigte und auch noch nach der Beseitigung des gesamten Trümmermaterials in Betrieb war. Die Anlage stand an der Stelle des früheren Carolahauses. Zwar wurde bereits Ende der fünfziger Jahre südlich der Striesener Straße mit dem Wohnungsbau begonnen, aber erst in der ersten Hälfte der siebziger Jahre entstanden in den beiden Gebieten Johannstadt-Nord und Johannstadt-Süd über 6.300 Neubauwohnungen. Mit überwiegend vielgeschossigen Bauten veranschaulicht vor allem Johannstadt-Nord typische städtebauliche und architektonische Formen dieses Zeitabschnitts. Längs der Güntzstraße werden die beiden Wohnbaudominanten durch eine Reihe von Hochschulbauten verbunden, die teils der Technischen Universität, teils der Ingenieurhochschule zugehören.

Nach dem Krieg verlor der Stübelplatz seine Bedeutung für die Dresdner Kultur- und Ausstellungsszene, denn wie schon beschrieben wurden alle Gebäude auf dem Ausstellungsgelände zerstört, genauso die Wohnhäuser gegenüber. Nach der Trümmerbeseitigung bekam die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber 1950/51 die Räume des ehemaligen Ehrlichen Stifts. 1952/53 bezog die Betriebsberufsschule des Bauwesens ein Gebäude nahe des Platzes, sodass man sagen kann, dass die Bildungsfunktion des Stübelplatzes (welcher seit 1951 Fucíkplatz hieß) durch den Krieg nicht zerstört wurde. Mit dem Bau einer Doppelhalle aus Stahl, Glas und Aluminium 1969 und den damit geschaffenen 2000 m˛ überdachter Ausstellungsfläche, zuzüglich 4000 m˛ Freifläche, bildete der Platz wieder den Mittelpunkt des Dresdner Ausstellungswesen. Ab 1971 setzte der schon erwähnte soziale Wohnungsbau ein, in dessen Rahmen sechs zehngeschossige Plattenbauten direkt am Fucíkplatz entstanden. Mit dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs wurde der Platz zu einem großen Umsteigepunkt und seine Verkehrsfunktion nahm somit enorm zu.

Während der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 blieb auch der Große Garten nicht verschont und aufgrund der zahlreichen Flüchtlinge die sich in ihm aufhielten war die Zahl der Toten bedauernswert hoch. Im gesamten Gelände des Großen Gartens zählte man 217 Bombeneinschläge. Das Palais brannte völlig aus, und damit wurden auch die Ausstellungsstücke unwiederbringlich zerstört. 1950 beschloss der Rat der Stadt den Großen Garten zum sozialistischen Volks- und Kulturpark umzugestalten. Aufgrund dieses Beschlusses entstanden Kinderspiel- und Sportplätze, die Freilichtbühne Junge Garde, das Puppentheater Sonnenhäusl und die Pioniereisenbahn (heute Dresdner Parkeisenbahn). Bis heute bildet der Park mit diesen zahlreichen Attraktionen einen Anziehungspunkt für Touristen und steigert die Wohn- und Lebensqualität der Innenstadt sowie der angrenzenden Johannstadt. Zu erwähnen ist auch die verbessernde Funktion des Parks für das Stadtklima, er wird auch die Grüne Lunge Dresdens genannt. Die Anlage hat zwei Gesichter: weitestgehend unberührte Natur und zum anderen schön gestaltete Verweil- und Erlebnissorte. Somit bietet der Park die perfekte Mischung um sich zu erholen und/oder den Tag mit verschiedenen Aktionen sinnvoll zu verbringen. In zwei der das Mittelteil umgebenden Pavillons befinden sich heute auch Wirtschaften, im anderen eine Konditorei und am Carolasee lädt das Carolaschlößchen zum verweilen ein. Der Große Garten ist ein beliebtes Ziel für Spaziergänger, Skater, Radfahrer, Studenten und Sonnenhungrige.
Bis 1974 war auch der grobe Wiederaufbau des Palais abgeschlossen und von 1978-1984 bestand eine teilweise Nutzung des Gebäudes als Atelier für den Wiederaufbau des von Gottfried Semper erbauten Dresdner Opernhauses.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Johannstadt, speziell der Fucíkplatz und der Große Garten seit der Zerstörung im Krieg bis spätestens 1990 ihre Funktionsvielfalt zurückgewonnen haben und wie am Beispiel des Großen Gartens sogar steigern konnten. Der einzigste Verlust durch den Krieg, war die vor 1945 größere Funktion der Johannstadt den Menschen einen Arbeitsplatz zu bieten. Den Bedeutungsüberschuss gegenüber den anderen Stadtvierteln durch ihre zahlreichen Krankenhäuser verlor der Stadtteil aber nicht, denn alle wurden wieder aufgebaut. Im Bereich der Wohn- und Lebensqualität hatte sich aus damaliger Sicht viel verbessert, denn die Plattenbauten (Bild 6) galten als modern und waren sehr attraktiv in der Wohnbevölkerung. Auch wenn sich dieses Bild heute geändert hat.

Die Jahre seit der Wende - 1990 bis 2003

Aufgrund des Wandels, hat sich die Wohn- und Lebensqualität seit 1990 in der Johannstadt dramatisch verschlechtert. Die einst sehr begehrten Plattenbauwohnungen stehen heute zu 80% leer und dienen meist als Sozialwohnungen. Erst seit 3 bis 5 Jahren werden diese Bauten in der Johannstadt modernisiert und gewinnen etwas Attraktivität in der Bevölkerung zurück. Nichts desto trotz blieb die Johannstadt auch nach der Wende ein Wohnviertel und ist es bis heute. Zudem hat sich mit dem Ausbau der Krankenhäuser seit 1990 diese Funktion für das gesellschaftliche zusammenleben verstärkt.
Wie im vorhergehenden Kapitel bereist erwähnt, hat der Große Garten seit 1990 bis heute seine zahlreichen Funktionen beibehalten. Zudem ist mit der Fertigstellung des Palais im Jahr 2000 die Veranstaltungsfunktion gestiegen. Im Palais mit seinem großen Festsaal finden heute bis zu 10 musikalische Konzerte im Jahr statt.
Kurz nach der Wende 1991 wurde der Fucíkplatz in Straßburger Platz umbenannt. Anlass war die soeben unterzeichnete Städtepartnerschaft mit Straßburg. Mit dem Abriss der Ausstellungshallen 2001 verlor der Platz seine Mittelpunktsstellung im Dresdner Ausstellungswesen und hatte seit dem keine größeren Verkaufseinrichtungen und schon seit dem Krieg keine bedeutenden historischen Sehenswürdigkeiten mehr. Jedoch bekam er eine neue Funktion hinzu, nämlich mit dem Bau der Gläsernen Maufaktur (Bild 7), des Automobilbauers VW auf dem ehemaligen Volksfestgelände erhielt der Platz eine Arbeitsfunktion. Einmalig in Deutschland ist, dass Montageteile für das Werk mit einer ca. 60 Meter langen Güterstraßenbahn (Cargo-Bahn) angeliefert werden. Es wurde sogar ein eigener Gleisanschluss gebaut. Dieses besondere Werk ist auch Anziehungspunkt für Touristen aus der ganzen Welt.

Fazit

Die Johannstadt ist vom kleinen Dorf, zunächst zum Wohn- und Arbeitsviertel gewachsen und heute ein größtenteils reines Wohnviertel mitten in der Stadt. Der Straßburger Platz war jahrelang, mit einer Unterbrechung nach dem Krieg Ausstellungsmittelpunkt Dresdens und ist heute ein Industriestandort für ein weltweit agierendes Unternehmen. Dabei hat er nie seine Verkehrsfunktion und seinen Attraktivität für Touristen verloren. Genauso deutlich ist der Wandel des Großen Gartens, vom Lustpark des Königs zum Volks- und Kulturpark für alle Dresdner und Nicht-Dresdner.

Quellen

Bücher

(1) Dubbers, Jenni
Johannstadt
Umweltzentrum, Dresden 1999
(2) Findeisen, Peter
Dresden Großer Garten
VEB E. A. Seemann, Buch- und Kunstverlag, Leipzig 1971
(3) Hahn, Alfred; Neef, Ernst
Werte unserer Heimat - Dresden
Akademie-Verlag, Berlin 1985
(4) Werner, Winfried
Das Palais im Großen Garten zu Dresden - Große Baudenkmäler Heft 532
Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 1999
(5) Wotte, Herbert; Göthel, Wolfgang; Hoyer, Siegfried
Brockhaus-Stadtführer Dresden
VEB F. A. Brockhaus-Verlag, Leipzig 1968

Internetseiten

(6) http://www.dresden.de
(7) http://www.offenes-palais.de/
(8) http://www.palais-grosser-garten.de/
(9) http://www.parkeisenbahn-dresden.de
(10)http://web.tu-dresden.de/sorg/mkg/langow1.pdf.
(11)http://www.uniklinikum-dresden.de/pages/uni1.htm
(12)http://www.dhmd.de
(13)http://www.kugelhaus-dresden.de
(14)http://www.gre-online.de/news/mitglieder/interpane/020515.htm
(15)http://dresden.dnn-online.de/dresden

Anhang

Bilder

1. Blick vom Waldschlösschen auf Dresden, 1820
Noch grün ist das Gebiet der heutigen Johannstadt.

Quelle: Buch 1, Seite 5
2. Lämmchengut von der Blasewitzer Straße aus gesehen, 1866
Noch umgeben Felder und Wiesen das Vorwerk Lämmchen an der Blumenstraße.

Quelle: Buch 1, Seite 7
3. Johannstadt-Nord, Ende des 19. Jahrhunderts
Nach dem Bauboom stehen Häuserreihen dicht an dicht mit Grünanlagen (hier Sachsenplatz).

Quelle: Buch 1, Seite 14
4. Vogelwiese 1903
Zu sehen ist die neue Achterbahn Deep to Deep vom Konstrukteur Hugo Haase.

Quelle: Buch 1, Seite 48
5. Kugelhaus in Dresden am heutigen Straßburger Platz, 1926
Quelle: Internetseite 13
6. Wohnungswiederaufbau zur Zeit der DDR
Quelle: Buch 1, Seite 66
7. Gläserne Manufaktur (VW-Werk) Dresden, 2001
Quelle: Internetseite 14

Funktionskartierung von 1910



auf Grundlage Buch 1, Seite 31 und Buch 3, Seite 38/39

Funktionskartierung von 2003



auf Grundlage Internetseite 15